Mittwoch, 18. Juni 2014

Wie Storytelling für Unternehmen funktioniert

In der Unternehmenskommunikation und vor allem im Content Marketing ist Storytelling derzeit ein ganz heißes Thema. Doch warum erreicht man mit guten Geschichten überhaupt die Köpfe der Zielgruppen? Und wie müssen Storys aufgebaut sein, um wunschgemäß zu wirken …?


Gute Geschichten merkt man sich ein Leben lang. In meinem Fall sind das vor allem Literatur-Klassiker wie "Die drei Musketiere" von Alexandre Dumas, "Moby Dick" von Herman Melville oder "Tom Sawyer" von Mark Twain – jede einzelne davon kann ich bis heute in ihren Grundzügen aus dem Kopf nacherzählen. Plus die üblichen Dönekes aus der eigenen Sauf- und Raufzeit natürlich. Doch das ist nichts Besonderes, jeder Mensch kann das – und dies nicht nur, weil wir es in der Schule gelernt haben. Oder besser: geübt und trainiert haben. Denn der Gedächtnisspeicher unseres Gehirns ist für die Verarbeitung von für uns bedeutsamen Geschichten bereits vorkonfiguriert, wenn man so will. Daher fällt uns das Merken und bedarfsgerechte Abrufen der jeweiligen Inhalte hierbei so leicht.
Kulturgeschichtlich betrachtet, geht die Fähigkeit, Geschichten erzählen und aus dem Stegreif wiedergeben zu können, auf eine sehr erfolgreiche Überlebensstrategie unserer frühen Vorfahren zurück. So wurde in schriftlosen Gesellschaften das für den Fortbestand einer Gemeinschaft wichtigste Wissen in Form mündlicher Erzählungen an die nachfolgende Generation weitergegeben und dadurch für alle bewahrt. Das Storytelling (und Retelling) ist also eine fundamentale menschliche bzw. kulturelle Errungenschaft, und diese haben wir so weit interiorisiert, dass sogar viele unserer Träume mehr oder minder festen narrativen Strukturen folgen.


Fähren ins Bewusstsein der Zielgruppen


Diese "Voreinstellung" macht sich die Marketingkommunikation – allen voran das moderne Content Marketing – heute zunehmend zunutze, indem sie Stories als "Fähren ins Bewusstsein der Zielgruppen" einsetzt. Transportiert werden auf diesem Wege die zentralen Unternehmens- und Markenbotschaften, um so das Corporate Image eines Unternehmens oder das Brand Image einer Marke leicht abrufbar im Gedächtnis der Rezipienten zu verankern. Man könnte sogar fast sagen: dort hineinzuschreiben.
Angefangen hat das meines Wissens in der Werbung, und selbst weitgehend werberesistente Sonderlinge wie ich, von denen es offensichtlich immer mehr gibt (Stichwort "Bannerblindheit"), sind davor nicht gefeit: Bei (guten) Geschichten spitzen wir unbewusst die Ohren und machen dadurch gewissermaßen den Weg in unseren Kopf frei. Wir können einfach nicht anders. Wie sonst hätte ich mir die, wie ich finde, eher doofen Werbeclips von Michelin merken können – ohne es überhaupt zu wollen?

Weitaus besser gemacht hat es meiner Meinung nach Ferrero mit seinen Marken Duplo und Hanuta. Für mich sind das die Blaupausen und eigentlichen Vorläufer des heutigen Storytellings im Marketing. Aber vermutlich muss man sogar schon die gute alte Klementine aus den Ariel-Werbespots der späten 1960er und 1970er dazuzählen. Oder noch weiter zurückgehen. 


Rezipienten sind empfänglich für Geschichten 


Für die Public Relations ist das alles jedenfalls nichts Neues. So ist etwa die Pressearbeit seit jeher bemüht, Stories rund um Unternehmen, Produkte und Leistungen zu kreieren. Denn Leser, Zuhörer und Zuschauer sind aus den anfangs genannten Gründen nun einmal empfänglich für gute Geschichten, und für die Redaktionen gilt es daher, neben der reinen Informationsbereitstellung etc. auch dieses Zielgruppenbedürfnis zu befriedigen. Sei es mit eigenen Stories oder auf Basis seriöser und gut verpackter PR, die im Kern das Postulat öffentlicher Relevanz erfüllt. Damit erreicht man die Köpfe und setzt sich darin fest. Eine runde, interessante und bestenfalls sogar spannende Geschichte erhöht die Chancen auf "Treffer" ganz ungemein. Und zwar nicht nur in der Pressearbeit.
Nur, wie geht Storytelling in der Unternehmenskommunikation denn nun überhaupt? Ich könnte jetzt ganz oberschlau anführen, dass wir alle ein intuitives Gespür dafür haben. Was ja auch irgendwie stimmt. Allerdings hapert es dann oft mit der Umsetzung, da nicht jeder das Zeug zum guten Geschichtenerzähler oder Autor hat. Klar ist: Zwischen dem spontanen Zum-Besten-geben spaßiger Anekdoten und der strategisch gesteuerten Produktion und Distribution zielgruppenaffiner Unternehmensinhalte gibt es himmelweite Unterschiede. Das Web 2.0 mit seinen Möglichkeiten zum sofortigen Output gaukelt einem da nur was vor und verführt rasch zu Hybris. Letzten Endes ersetzt jedoch kein noch so tolles Tool die zu seiner erfolgreichen Nutzung erforderlichen Skills. Das war schon bei der mechanischen Schreibmaschine nicht anders.


Metaerzählungen geben das Muster vor


Um zur Eingangsfrage zu kommen: Beim Storytelling hat sich gezeigt, dass der narrative Aufbau von "Metaerzählungen" wie Märchen, klassischen Abenteuerromanen oder nachhaltig ins kollektive Bewusstsein eingesickerten Kino-Blockbustern wie "Star Wars" oder "James Bond" das beste Mittel zur eindringlichen Vermittlung von Unternehmens- und Markenbotschaften ist. Das Muster ist hierbei immer dasselbe: Zunächst wird das Interesse des Rezipienten über eine mit seiner Alltagserfahrung verknüpfte Problemstellung geweckt. Danach wird er durch eine unterhaltsame Handlung weiter ins Geschehen gezogen und bei der Stange gehalten, um schließlich mit der (originellen, lehrreichen, entlastenden o. ä.) Auflösung des Problems "belohnt" zu werden. Auf eben diese Weise bauen auch Krimis ihre Spannung auf. Deswegen sind sie heute die bei weitem erfolgreichste literarische Gattung.
Kurzum: Da wir die Vorliebe für eine solche Erzählstruktur quasi mit der Muttermilch aufgesogen haben, fügen sich die kommunizierten Inhalte umso besser (und widerstandsloser) ins vorhandene Verarbeitungsraster ein. Genau diesen Mechanismus nutzt die Unternehmenskommunikation, wenn sie sich für Storytelling entscheidet. 


Die zentrale Botschaft gehört ans Ende


Nur sollte dabei – neben dem groben Verlauf der Story, den wir umso besser wiedergeben können, wenn diese stringent und logisch aufgebaut ist – natürlich immer auch die "Moral von der Geschichte" im Gedächtnis haften bleiben. Dazu muss diese an prominenter Stelle als Quintessenz platziert werden. Sprich: Die zentrale Botschaft mit dem beabsichtigten Merkfaktor gehört immer ans Ende der Geschichte oder sollte zumindest dort noch einmal klar und deutlich wiederholt werden. Warum dort? Weil unsere Aufmerksamkeit am Ende einer Geschichte entsprechend hoch ist. Schließlich wollen wir wissen, wie das Ganze ausgeht – sofern es denn auch wirklich eine gute bzw. gut erzählte Story ist. Sonst schalten wir schon vorher ab. So trivial ist das im Grunde genommen.

Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass mein Beitrag möglicherweise besser und merkwürdiger ausgefallen wäre, hätte ich Ihnen das alles in Form einer mitreißenden Geschichte erzählt. Andererseits, und auch das ist vorher immer genau zu prüfen, lässt sich nicht jedes Thema per Storytelling in einen prima Inhalt verwandeln. Und eine Story übers Storytelling schreiben zu wollen, wäre dann vielleicht doch etwas überambitioniert gewesen. Daran dürfen sich gerne andere die Zähne ausbeißen.



Der Autor: Andreas Quinkert ist PR-Freelancer mit den Schwerpunkten Public Relations, Content Marketing, Corporate Blog und Redaktion. Seit 2004 berät und unterstützt er kleine und mittelständische Unternehmen sowie Agenturen in NRW. Sein PR-Blog wurde Ende 2013 ins Leben gerufen und hat sich seither zu einem wichtigen Seitenprojekt entwickelt.

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